Wasser

Kommune optimiert regenerative Gasverwertung

Diese kreisfreie Stadt mit einer Stadtfläche von über 300 km² gehört zu einer der modernsten Kommunen in NRW und betreibt ein Entsorgungszentrum für mehr als 300.000 Einwohner und dem angrenzenden Umland.

Das Entsorgungszentrum umfasst zwei Deponien und jeweils eine Kläranlage, eine mechanisch-biologische Restabfallbehandlung und eine Sickerwasseranlage. Der Bereich des Entsorgungszentrums wird von unterschiedlichen städtischen Tochterunternehmen geführt, die das gemeinsame Ziel haben, die übernommenen Aufgaben umweltbewusst und wirtschaftlich durchzuführen.

„Für mich als Projektleiter ein sehr interessantes Projekt mit vielen verschiedenen Aspekten aus den Bereichen Umwelt, Sicherheit und der Elektrotechnik  .“ 

— P.P. Projektleiter

Das Projekt in Zahlen

3 Mio
Euro Investition EMSR

115

Niederspannungs-schaltfelder BHKW + Hauptkläranlage

>20
Mittelspannungs-Schaltfelder

100%
Höchste Versorgungs-sicherheit und Umbau im laufenden Betrieb

4
BHKW-Module mit > 3 MVA

12km

Aufbau eines eigenen Mittelspannungsnetzes

Die Geschichte

Synergien erhöhen den umwelttechnischen und wirtschaftlichen Nutzen

Gerade in der Abfallentsorgung sind umwelttechnische und wirtschaftliche Aspekte immer präsent und werden in den Kommunen oft kontrovers diskutiert. Die örtlichen Betreiber der Anlagen – jeweils eigenständige Unternehmen – legen bei der Bewertung von Neu- und Umbaumaßnahmen größten Wert auf eine umwelttechnisch optimale Planung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Folgen, um die Entsorgungsgebühren möglichst stabil zu halten. 

Für die Erneuerung der zentralen Blockheizkraftwerk-Anlage (BHKW) des Abfallentsorgungszentrums hat der örtliche Betreiber die optimale Nutzung der auf den Anlagen anfallenden Gase unter strikter Einhaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als Planungsziele vorgegeben.

Der böse große Bruder von CO2: Methan

Bei allen Arten der Abfallentsorgungen entsteht als Nebenprodukt umweltschädliches Gas (Methan), das nicht in die Umwelt gelangen darf. Gleichzeitig benötigen die einzelnen Verfahren in unterschiedlichem Maße und zu unterschiedlichen Zeiten Strom und Wärme.

Eine Win-Win-Situation, wenn man “von oben” draufschaut: Denn das bei der Entsorgung erzeugte Gas ist ein Energieträger und kann als solcher zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden. Allerdings sind die anfallenden Gase quantitativ und qualitativ sehr unterschiedlich und können nicht auf allen Anlagen des Entsorgungszentrums zu 100% genutzt werden.

Die Lösung: Ein Blick auf alle Verfahrensanlagen

Eine gemeinsame Betrachtung des gesamten Entsorgungszentrums – also aller Betreiber der einzelnen Anlagen (Deponien, Kläranlage, Restabfallbehandlung, Sickerwasseranlage) – ist die Grundlage für eine umwelttechnisch und wirtschaftlich optimierte Lösung.

Das Vorhaben: Erneuerung der Gasbehälter und “1 zu 1”- Austausch der BHKW-Anlage im laufenden Betrieb

Im Vorfeld der Planung wurden – in Zusammenarbeit mit dem Kunden – die Grundgedanken der Betreiber in eine gemeinsame Aufgabenstellung mit Zielen formuliert und zusammengefasst.

Kompakt: Die Aufgabenstellung

  1. Sammlung und Speicherung des Gases aus den verschiedenen Anlagen
  2. Aufbereitung des Gases
  3. Umwandlung des Gases in Energie (Strom/Wärme)
  4. Verteilung der Energie zu den verschiedenen Anlagen entsprechend den spezifischen Erfordernissen

Keine Kompromisse: Neuanlage ohne kostenintensive Provisorien

Im ersten Ansatz sollte der “1-zu-1”-Austausch noch in der bestehenden BHKW-Anlage, also in denselben Örtlichkeiten erfolgen. Ein solcher Austausch im Bestand ist immer mit Unwägbarkeiten verbunden: Erforderliche Provisorien, Einschränkungen aufgrund der beengten Platzverhältnisse und damit verbunden auch erschwerte Arbeitsbedingungen während der Umbaumaßnahmen.

Daher wurde schon früh eine alternative Planung mit einem Neubau auf einer freien Nebenfläche erstellt. Und: Die alternative Lösung konnte aufgrund zahlreicher Vorteile überzeugen. Durch eine freiere Auslegung der Anlagenkomponenten konnten nicht nur kostenintensive Provisorien vermieden werden.

Gleichzeitig wurde ein sicherer Umschluss mit einem optimierten Ablauf geschaffen. Terminliche Risiken aufgrund aufwendiger Umschlüsse konnten ebenfalls ausgeschlossen werden.

Kompakt: Die Ziele

  1. Regenerativ: Umweltschädliches Gas wird effizient in Energie umgewandelt und gelangt zu keinem Zeitpunkt in die Umwelt

  2. Wirtschaftlich: Die einzelnen Anlagen können für sich das Gas alleine nicht effizient nutzen, erst durch den Zusammenschluss wird eine 100%-Nutzung des Gases möglich.

  3. Ganzheitlich: Der Zusammenschluss von mehreren verfahrenstechnischen unterschiedlichen, örtlich getrennten Anlagen und verschiedenen Betreibern erfordert ganzheitliches und interdisziplinäres Denken.

Elektrotechnik im Fokus: Basis für regenerative Stromversorgung

Durch autarkes Mittelspannungsnetz: Eigenerzeugte Energie komplett nutzen!

Um die von der BHKW-Anlage erzeugte elektrische Energie zu 100% in den eigenen Betriebsanlagen nutzen können, musste eine neue Netztopologie für die Stromnetze aufgebaut werden. Es wurde ein autarkes übergeordnetes Mittelspannungsnetz von der neuen BHKW-Anlage zu den einzelnen Verfahrensanlagen errichtet, um entsprechend den technischen Anschlussbedingung die erzeugte elektrische Energie im eigenen Netz zu verteilen.

Gleichzeitig wurden die dezentralen Mittelspannungs-Schaltanlagen angepasst, um die von der BHKW-Anlage erzeugte Energie – unter Einhaltung der rechtlichen Anforderung – nutzen zu können. Hierbei war es erforderlich, dass das BHKW-gespeiste 10 kV-Netz die primäre Energieversorgung der Anlagen übernimmt.

Das ursprüngliche 10 kV-Ortsnetz wird als zweite Einspeisung zur Ersatznetzversorgung verwendet. Der Umbau der Energieversorgung erfolgte im laufenden Betrieb der einzelnen verfahrenstechnischen Anlagen in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Betriebsabteilungen.

Wir geben (kein) Gas: 60 Niederspannungs-Schaltfelder im laufenden Betrieb errichtet

Zur Optimierung der Energieverteilung wurde die Niederspannungs- Hauptschaltanlage der Kläranlage als größter Verbraucher neu konzipiert. Dazu wurden 60 Niederspannungs-Schaltfelder im laufenden Betrieb errichtet.

Die gesamte elektrotechnische Ausrüstung rund um die neue BHKW-Anlage wurde redundant ausgebaut, um eine hohe Ausfallsicherheit für den BHKW-Betriebes zu gewährleisten. Neben der redundanten Netztopologie kamen hochverfügbare redundante Automatisierungsstationen zum Einsatz. 

Zum sicheren Betrieb wurde das Gasmengen-Management und die BHKW-Anlage in ein zentrales Leitsystem mit Web-Clients integriert. Auf diese Weise liegt die Informationsverteilung dezentral beim Anlagenbetreiber. Die elektrotechnische Redundanz trägt entscheidend dazu bei, dass kein Gas in die Umwelt geleitet und so das umwelttechnische Ziel erfüllt wird.

Fördermittel erfordern harte Deadline

Zeitdruck schon vor dem eigentlichen Projektstart

Für die Inbetriebnahme der neuen BHKW-Anlage war aufgrund der vorgegebenen Termine aus der öffentlichen Förderung ein festes Datum vertraglich festgesetzt worden. Aufgrund eines formellen Vergabevorgangs erfolgte die Beauftragung Monate später als geplant und das Projektteam steht schon mit dem Projektstart unter enormen Zeitdruck.

Das Projektteam musste neben den umwelttechnischen und wirtschaftlichen Zielen nun auch die terminlichen Abläufe optimieren. Durch den konstruktiven Umgang im Projektteam und mit den begleitenden Behörden und Sachverständigen konnten die Planungsabläufe optimiert und einige Monate der Startphase kompensiert werden.

Zeichnung einer Notiz im Kalender

Inbetriebnahme in Gefahr: Gesamt-Zertifikat für alle Anlagen und gesamte Elektrotechnische Ausrüstung

Zum Betrieb einer am Mittelspannungsnetz betriebenen BHKW-Anlage ist ein Anlagenzertifikat über die Gesamtanlage notwendig. Gesamtanlage bedeutet hier, das über ein Zertifikat sämtliche maschinentechnische Anlagen und die gesamte Elektrotechnische Ausrüstung beinhalten muss.

Durch die aus Sicht der Vergabeabteilung bevorzugte Einzelvergabe der Lose mussten sämtliche technischen Gewerke die erforderlichen Nachweise in der richtigen Form einreichen. Diese mussten anschließend – zum Zeitpunkt vor Inbetriebnahme – zu einem Gesamtanlagenzertifikat zusammengefasst werden.

Andernfalls wäre der Inbetriebnahmetermin der BHKW-Anlage gefährdet. Auch hier hat die konstruktive Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten es ermöglicht, die Einzeldokumente rechtzeitig zu einem Gesamtzertifikat zusammenstellen zu können.

Durch die stringente Ablaufplanung der Umbaumaßnahmen mit intensiver Betreuung der ausführenden Firmen gelang es, die Deadline einzuhalten. Geschafft! Die Inbetriebnahme konnte rechtzeitig erfolgen und die eingeplanten Fördermittel beantragt werden.

Der Erfolg

Aus Projektbeteiligten wird Höchstleistungsteam

Am Ende des Projektes stand eins fest: Das Erreichen der umwelttechnischen und wirtschaftlichen Ziele war nur durch die Zusammenarbeit der einzelnen Betreiber aller verfahrenstechnischen Anlagen möglich.

Zeichnung zweier Menschen, die in die Hände klatschen

Neben der Bereitschaft, ganzheitlich und interdisziplinär zusammenzuarbeiten, konnte der Auftraggeber, der parallel mehrere BHKW-Standorte betreibt, sein Know-how bei der Konzeption der Gesamtanlage nutzen und seine Vorstellungen klar formulieren. Aus den projektbeteiligten Abteilungen, Objekt- und Fachplanern wurde in der Zusammenarbeit schnell ein Höchstleistungsteam.

„Die produktive und kollegiale Zusammenarbeit des gesamten Projektteams hat den Projekterfolg so erst möglich gemacht“

Die neuen Superkräfte

Energieversorgung und Verfügbarkeiten

N

Umwandlung der umweltschädlichen Gase in Energie zu 100%

N

n+1 – Verfügbarkeit der Energieversorgung für die verfahrenstechnischen Anlagen sichergestellt

N

Sichere Bedienbarkeit der technischen Anlagen

N

Wirtschaftlicher Eigenverbrauch der erzeugten Wärme und elektrischer Energie zu 100%

N

Gesamtanlagen für das technische Betriebspersonal jederzeit beherrschbar

Genauer hingeschaut: Technische Fakten im Detail

Zur Umsetzung der Aufgabenstellung wurden umfassende technische Anlagen errichtet:

Mittelspannungsanlagen

  • Zentrale und dezentrale MS-Schaltanlagen

Mittelspannungskabelanlage

  • autarkes MS-Kabel

  • Kabeltrassem im öffentlichen Bereich

Transformatoren

  • Transformatoren je BHKW

Erzeugungsanlagen

  • 4 BHKW’s > 3 MVA

Niederspannungsanlage

  • NS-Schaltfelder mit Icw = 100kA 

  • NS-Schaltfelder auf der HKA

Automatisierung

  • redundante, hochverfügbare Automatisierungssysteme 

  • Scada-System

Niederspannungsinstallation

  • > 25 km Kabel/Leitung 

  • Verlegesysteme mit Weitspanntrassen

  • Umfangreicher Potentialausgleich

Weitere Erfolgsgeschichten:

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